Jülich. Die Stadtwerke Jülich GmbH (SWJ) ist mit dem Jahresergebnis des abgelaufenen Geschäftsjahres erneut sehr zufrieden. Es gab zahlreiche Beeinträchtigungen: durch die Corona-Pandemie, die Flut in der Jahresmitte, massive Marktverwerfungen in der Energiebeschaffung sowie Insolvenzen und Marktaustritte Dritter im zweiten Halbjahr. Dennoch konnte die SWJ auf einen zufriedenstellenden Geschäftsverlauf zurückblicken.
Das berichteten Geschäftsführer Ulf Kamburg und Vertriebs- und Marketingleiter Ivan Ardines im Gespräch mit der Jülicher Presse. „Es war ein Jahr mit ungewöhnlichen Einflüssen. Dennoch sind wir mit dem Ergebnis sehr zufrieden“, bilanziert Ulf Kamburg.
Betriebsergebnis über Plan, Umsatzerlöse und Investitionen sind gestiegen
Das Betriebsergebnis lag mit 1,307 Millionen Euro über dem geplanten Wert von 1,120 Millionen Euro, aber unter dem des Vorjahres (1,731 Millionen Euro). Ursächlich für den Rückgang des Betriebsergebnisses waren hauptsächlich die gesunkenen Roherträge aus dem Strom- und Gasverkauf.
Insolvenzen sowie Liefereinstellungen bei Gas- und Strom-Billiganbietern trafen viele Kunden, die zum Großteil auch von der SWJ aufgefangen werden mussten. Die für sie benötigten Strom- und Gasmengen mussten kurzfristig zu hohen Einkaufspreisen beschafft werden.
Die Umsatzerlöse stiegen auf 33,828 Millionen Euro (Vorjahr 30,399 Millionen Euro).
Erneut wurde umfangreich in Sachanlagen investiert: rund 10,0 Millionen Euro (Vorjahr 7,9 Millionen Euro). 4,6 Millionen Euro davon wurden in den Glasfaserausbau investiert, 3,9 Millionen Euro in die Gas‑, Strom- und Wasserversorgungsnetze.
Seit 2013 sind die Investitionstätigkeiten Jahr für Jahr gesteigert worden.
Erhöhung der Bilanzsumme und Zugewinn neuer Kunden
Die SWJ-Bilanzsumme hat sich auf 55,387 Millionen Euro (2020: 49,967 Millionen Euro) erhöht. Hier zeigt sich deutlich das gute Abschneiden des Lebensversorgers. Sie betrug 2015 erst 33,750 Millionen Euro. Die Erhöhung der Bilanzsumme resultiert im Wesentlichen aus Investitionen in das Anlagevermögen. Dieses stieg auf 44,652 Millionen Euro (2020: 38,602 Millionen Euro).
Viele neue Kunden konnte die SWJ im abgelaufenen Geschäftsjahr dazugewinnen, ebenso haben sich die Absatzmengen erhöht: beim Strom war es gleich ein Plus von 37,6 Prozent auf 51.855 Megawattstunden (MWh), bei Gas 13 Prozent auf 195.295 MWh.
Der Zugewinn bei den Kunden spricht für die Zuverlässigkeit, die Angebotsbreite und das Engagement der SWJ für Jülich. Alles Attribute, die Niedrigpreis-Wettbewerber für sich nicht reklamieren können – wie die diversen Marktaustritte gezeigt haben. „Trotz dieser ungeplanten Marktentwicklung konnten wir die Versorgung unserer bestehenden und der davon betroffenen Neu-Kunden jederzeit gewährleisten“, erläutert Ivan Ardines. Dass sich das Unternehmen profitabel am Markt bewegt hat, macht unter anderem die gute SWJ-Einkaufspolitik und die damit verbundene Steigerung der Umsatzrentabilität auf 2,7 Prozent deutlich.
Glasfaserausbau macht Fortschritt
Auch der Glasfaserausbau in Jülich geht zügig voran. 2020 und 2021 waren hinsichtlich Baufortschritt und Komponenten-Verfügbarkeit stark durch Corona beeinträchtigt. Bedingt durch die Flut standen zudem Baukapazitäten über erhebliche Zeiträume nur eingeschränkt zur Verfügung. Mittlerweile konnten 140 Kilometer Glasfaserkabel verlegt, über 1.600 Kundenverträge geschlossen und über 750 Glasfaser-Anschlüsse fertiggestellt werden.
Der Ausbau erfolgte über das Stadtgebiet verteilt – sowohl in Neubau- als auch Bestands-Infrastruktur, sowohl bei privaten Haushalten als auch bei Gewerbekunden. Durch die fehlende Komponenten-Verfügbarkeit war der Anschluss mehrerer Cluster bis in dieses Jahr hinein nicht möglich, so dass der Ausbau dort ins Stocken geriet. Inzwischen werden in allen ausgebauten Bereichen sukzessive neue Kunden angeschlossen und mit Glasfaser-Produkten beliefert.
Hallenbad und Freibad stark von Flut betroffen
Besonders betroffen von der Flut waren die Bäder der SWJ. Unter Hochdruck fanden erste Arbeiten im Hallenbad statt, damit dort bereits einen Monat nach der Flut Schwimmen wieder möglich war. Auch hier war die SWJ von einigen Lieferengpässen betroffen, denn die Erneuerung der Wärmeversorgungs-Anlagen und die Behebung der erheblichen Schäden konnten erst in 2022 abgeschlossen werden.
Deutlich stärker von der Flut betroffen war das Freibad. Hier wurden die Bereiche der Liegewiesen und Umkleidekabinen sowie die komplette Technik (inklusive der Stromanbindung, der im Keller befindlichen Steuerungsanlagen, der Pumpen und der Wasseraufbereitung) vom Hochwasser überflutet. Auch das Blockheizkraftwerk (BHKW) wurde beschädigt, das für die Erwärmung des Wassers in den Schwimmbecken eingesetzt worden war.
Um die umfangreichen Schäden sowohl im Freibad als auch für das gesamte Areal der Sportstätten linksseits der Rur kompetent zu bewerten, war von der Stadt Jülich ein Gutachten in Auftrag gegeben worden. Dieses Gutachten liegt noch nicht vor, ein Betrieb des Freibades ist derzeit nicht möglich, denn es würde die Möglichkeit auf Fördertöpfe zugreifen zu können, unmöglich machen.
SWJ ist und wird ausgezeichnet
Immer wieder wird die SWJ für ihre Leistungen und ihr Engagement ausgezeichnet. Erstmals 2021 erhielt das Unternehmen die Energieversorger-Auszeichnung „TOP-Lokalversorger“ in den Bereichen Strom, Gas und Wasser. Zu Beginn dieses Jahres stellte sich die SWJ erneut den anspruchsvollen Kriterien dieses Siegels und überzeugte erneut in allen drei Energiesparten. Dabei flossen – neben dem reinen Energiepreis – auch qualitäts- und servicebezogene Aspekte in die Bewertung ein. Neu dazu kam in 2022 das Zertifikat „Vision E‑Mobilität“, das erstmals verliehen wurde. Auch hier erfüllte die SWJ auf Anhieb die strengen Anforderungen und wurde ausgezeichnet.
Ein weiteres Gütesiegel erhielt die SWJ vom Bundesverband Breitbandkommunikation (BREKO). Der Lebensversorger hat sich die Auszeichnung „Echte Glasfaser – zertifiziert von Breko“ erarbeitet. Hier hat die SWJ nachgewiesen, dass sie sich für einen schnellen und nachhaltigen Glasfaserausbau einsetzt.
SWJ-Schwerpunkt liegt auf Versorgungssicherheit
„2021 war ein ungewöhnliches Jahr mit großen Herausforderungen und extremen Marktentwicklungen, gerade im zweiten Halbjahr“, berichtet Ulf Kamburg. „Auswirkungen, denen wir uns auch im aktuellen Geschäftsjahr stellen müssen.“
Dabei liegt der SWJ-Schwerpunkt nach wie vor in der Versorgungssicherheit der Jülicher Bürger. Am 30. März 2022 wurde vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) die Frühwarnstufe als erste von drei Stufen des „Notfallplanes Gas“ ausgerufen.
Dies geschah auf Grundlage der Sicherheitsverordnung der Europäischen Union (EU-SoS-VO). Am 23. Juni folgte die Verkündung der zweiten Stufe, des „Alarmplanes Gas“. Damit wurde mehr als deutlich, dass sich die Energie- und insbesondere die Erdgasversorgung in einer extrem kritischen Situation befindet. Eine Gefahr der weiteren Verschlechterung der Versorgungslage – bis hin zu einer kompletten Einstellung der russischen Gasversorgung – resultierend aus dem Kriegsgeschehen in der Ukraine steht weiterhin im Raum.
Enorm steigende Energiepreise und Wegfall der EEG-Umlage
Konkret wird das besonders durch die enorm steigenden Energiepreise an den Beschaffungsmärkten, mit denen sich auch die SWJ konfrontiert sieht. Für die SWJ-Kunden bedeutet dies, dass sich zum 1. September die Preise für Strom, Gas und Wärme erneut erhöhen werden.
Der Grund für diese Maßnahme sind die dramatisch hohen Spotmarktpreise – teilweise mit dem Faktor vier – am Energiemarkt. Bereits in 2021 lagen die durchschnittlichen Spotmarktpreise deutlich oberhalb der Vorjahreswerte. Sie sind seit Beginn dieses Jahres noch weiter nach oben geklettert. Diese Marktentwicklung hat direkten Einfluss auf das SWJ-Geschäft, da der tägliche Ausgleich der gehandelten Energiemengen zu Spotmarktpreisen ausgeglichen wird.
Positiv festzuhalten ist, dass sich der Wegfall der EEG-Umlage im Strombereich zum 1. Juli 2022 kompensierend auswirken wird. Hier hat die SWJ bereits bekanntgegeben, dass sie den Preisvorteil von 4,43 Cent pro kWh brutto im vollen Umfang an ihre Kunden weitergeben wird.
Auch nach dieser Preisanpassung sind die Konditionen der SWJ – sowohl im regionalen als auch im überregionalen Vergleich – absolut wettbewerbsfähig, betont der Vertriebs- und Marketingleiter.
„Selbstverständlich werden wir alle von der Preiserhöhung betroffenen Kunden individuell anschreiben und über die jeweiligen Auswirkungen ausführlich informieren. Wie auch in der Vergangenheit, ist uns eine faire und transparente Kommunikation sehr wichtig“, erläutert Ivan Ardines.
Neuberechnung der Wasserpreise und Neubau Wasserwerk
Zum 1. Juli wird die SWJ der eingetretenen Entwicklung durch Veränderungen bei den Wasserpreisen Rechnung tragen. Seit 2010 konnte die SWJ den Wasserpreis konstant halten. Jetzt sinkt der Arbeitspreis deutlich um 22 Cent je Kubikmeter Wasser und der „Systempreis“ wird angehoben. Letzterer beinhaltet unter anderem die Aspekte Bereitstellung, Netze, Wartung, Eichung und den turnusmäßigen Zählerwechsel.
Im vergangenen Jahrzehnt haben Bevölkerungszahlen und Bautätigkeiten in Jülich umfangreich zugenommen. Dabei ist festzustellen, dass die Haushalte zunehmend weniger Wasser verbrauchen – besonders im Bereich von Neubauten bei Ein- und Zwei-Familienhäusern.
Mit der Weiterentwicklung des bestehenden Modells trägt die SWJ einer sachgerechten Kostenverteilung im Bereich der Ein‑, Zwei- und Mehr-Familienhäuser Rechnung. Dazu wird der Systempreisanteil an dem Gesamtvolumen bei allen Kunden auf 60 Prozent (vorher: 49 Prozent) erhöht. Der Berechnung liegt der anerkannte Leitfaden der Wasserpreiskalkulation des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) zugrunde.
In Jülich stellen Ein- und Zwei-Familienhäuser über 80 Prozent aller Hausbauten dar. Sie werden nun stärker zur Fixkostenfinanzierung herangezogen. Durch die Verschiebung der hin zu den fixen Anteilen steigen die Systempreise der Mehr-Familienhäuser stärker an, dafür wird der Arbeitspreis für alle Kunden signifikant von 1,46 Euro auf 1,24 Euro brutto pro Kubikmeter gesenkt. Bei einem Ein-Familienhaus-Durchschnittskunden liegen die Zusatzbelastungen bei unter 3,60 Euro pro Monat (etwa 43 Euro pro Jahr).
Zur Sicherung der zukünftigen Wasserversorgung plant die SWJ umfangreiche Investitionen, unter anderem durch den Bau eines neuen Wasserwerks mit Brunnen. Für diese Investitionen sind 15,5 Millionen Euro geplant.
Wie geht es weiter?
„Wir haben alles daran gesetzt, die Erdgasversorgung der Heizperiode 2021/2022 für unsere Kunden zu sichern und ein gutes Jahresergebnis zu erzielen. Das haben wir geschafft“, betont der SWJ-Geschäftsführer. Wie es für den kommenden Winter 2022/2023 weiter geht, ist seiner Auffassung nach nur schwer prognostizierbar.
Vieles wird davon abhängen, wie sich die Lage in der Ukraine und die damit verbundenen Gaslieferungen aus Russland in den kommenden Wochen und Monaten weiter entwickeln wird.
„Was allerdings schon jetzt gesagt werden kann, ist, dass wir weder in Bezug auf die Versorgungs-Sicherheit und Unabhängigkeit noch auf die Entwicklung der Energiepreise über dem Berg sind“, so seine Einschätzung. Alle Jülicher Bürger sind aufgerufen, wo immer es geht, soviel Energie (Strom und Gas) wie möglich zu sparen. Energiesparen ist jetzt das Gebot der Stunde.
Stadtwerke Jülich / Presse / Stadtwerke Jülich GmbH stellt Jahresergebnis vor: „Es war ein ungewöhnliches, aber gutes Jahr“