Jülich. An vielen Fronten ist die Stadtwerke Jülich GmbH (SWJ) während und nach dem verheerenden Hochwasser im Einsatz. Galt es zunächst, dafür zu sorgen, dass Gebäude und Umspannwerke gesichert wurden, ist nun zu prüfen, wie sehr die eigenen Einrichtungen unter dem Starkregen und den Unterspülungen gelitten haben. Rund um die Uhr waren kurzfristig einzelne Störungen, insbesondere beim Strom, zu beheben. Dies ist auch weiter eine wichtige Aufgabe. Aktuell kümmern sich neben den technischen Themen zusätzlich SWJ-Mitarbeiter um Belange der Anwohner in den rurnahen Straßen und bieten ihnen Hilfe bei alltäglichen Bedürfnissen außer Haus, wie Arztbesuchen oder Einkäufen, an.
Gas‑, Wasser- und Stromversorgung funktionierte gut
„Obwohl wir im Vergleich zu anderen Städten in Jülich gut weggekommen sind, haben wir doch erhebliche Schäden an unserer Infrastruktur zu verzeichnen“, betont SWJ-Geschäftsführer Ulf Kamburg. „Dennoch hatten wir aufgrund unserer Versorgungsstruktur und wegen des unermüdlichen Einsatzes unseres Fachpersonals keine Probleme bei der Strom‑, Gas- und Wasserversorgung. Wir mussten nichts flächendeckend abschalten oder die Versorgung einstellen“, ergänzt Dr. Uwe Macharey, Technischer Leiter. Wobei neben der guten Vorbereitung auch das Überlaufen der Rurtalsperre geringer ausfiel als prognostiziert. Daher wurden die Dämme im Bereich der Rübenstraße und im weiteren Verlauf der Rur bis zum Schulzentrum nicht überspült.
Die SWJ war gemeinsam mit der Stadt Jülich, dem Deutschen Roten Kreuz, dem Technischen Hilfswerk und der Feuerwehr Teil des Krisenstabs, der seit Mittwochnacht bis zu seiner Auflösung am Freitagmorgen im Dauer-Einsatz war.
Freibad und Hallenbad
Sicherlich den größten offensichtlichen Schaden an den SWJ-eigenen Einrichtungen hat das Freibad am Stadionweg zu verzeichnen. Hier wurden die Bereiche der Liegewiesen und Umkleidekabinen sowie die komplette Technik, inklusive der Pumpen und der Wasseraufbereitung, vom Hochwasser überflutet. Auch das Hallenbad an der Bongardstraße blieb vom Hochwasser nicht verschont. Hier stand ebenfalls die ganze Technik unter Wasser.
Bis auf weiteres ist deshalb kein Betrieb möglich, da neben der offensichtlichen Beschädigung unter anderem keine Wasseraufbereitung und Erwärmung der Becken erfolgen kann. Auch die Wärmelieferungen in Richtung Juliacum und Rathaus sind betroffen.
Gutachter und Beschaffungsherausforderung
In den nächsten Wochen wird die SWJ und – wo erforderlich mit Gutachtern – zunächst einmal eine Bestandsaufnahme machen und die kompletten technischen Anlagen sowie Bäder überprüfen müssen. Es gilt festzustellen, was noch einsatz- oder reparierbar ist. Ein weiteres Thema bei möglichen Reparaturen oder Ersatzkäufen sind die langen Beschaffungszeiten, die derzeit für Chips, Steuer- und Regeltechnik anfallen. Lagen sie schon in den vergangenen Jahren bei durchschnittlich sechs bis acht Monaten, so liegen sie aktuell – aufgrund von weltweiten Lieferproblemen – deutlich darüber.
Eigenes Verwaltungsgebäude und Brunnen
Den Stadtwerken ging es im eigenen Verwaltungsgebäude nicht anders als den übrigen Anwohnern der rurnahen Straßen von der Rübenstraße bis zum Schulzentrum: Der Keller stand unter Wasser und Bodenplatten sind nun beschädigt. Seit Donnerstagabend laufen die Pumpen in allen SWJ Liegenschaften.
Das wertvollste Material für den Glasfaserausbau wurde durch die schnellen Räumaktionen der SWJ-Mitarbeiter gerettet. Dies wird in den nächsten Wochen und Monaten den Jülichern helfen, die auf ihre neuen Glasfaser-Anschlüsse warten, wenn gleich in der aktuellen Situation nur in eingeschränktem Maße Tiefbaumaßnahmen durchgeführt werden können.
Positiv ist, dass trotz des Hochwassers die Wasserqualität, die die SWJ ihren Kunden liefert, jederzeit einwandfrei war und ist, so dass das Trinkwasser nicht abgekocht werden muss. Das verdankt das Unternehmen den drei eigenen Tiefbrunnen. Deren Wasser kommt aus 130 Metern Tiefe und wird von aktuellen Problemen auf der Erdoberfläche nicht beeinflusst.
Umspannwerk
Große Sorgen bereitete der SWJ das eigene Umspannwerk. Dort standen die Anlagen gerade noch über dem Grundwasserspiegel. Teilweise wurden die Bauten vom fließenden Grundwasser unterspült. Dank der Hilfe von Feuerwehr und Technischem Hilfswerk konnte das Umspannwerk zusätzlich mit Sandsäcken gesichert werden. „Auch hier ist alles gut gegangen; das Umspannwerk konnte durchgängig betrieben werden“, erzählt Uwe Macharey. Dafür müssen dort jetzt auch umfangreiche Prüfungen vorgenommen werden. So gilt es, die Begehbarkeit des Geländes und die Statik des Gebäudes zu prüfen.
Vorbereitung für den Ernstfall
Um für den schlimmsten Fall vorbereitet zu sein, hatte sich die SWJ neben den eigenen Netzersatzanlagen für neuralgische Punkte von der Energieversorgung Oberhausen ein großes Notstromaggregat zur Besicherung der Stromversorgung der Brunnen geliehen. Zwei weitere kamen von den Krefelder Stadtwerken bzw. der Netzgesellschaft Niederrhein.
„Auch wenn unser Umspannwerk durch das Hochwasser hätte abgeschaltet werden müssen, hätten wir so die Jülicher unterbrechungsfrei mit frischem Wasser versorgen können“, berichtet Dr. Uwe Macharey. Zudem wäre eine Notstromversorgung der evakuierten Bürger in den Sammelstellen möglich gewesen. Die gegenseitige Hilfe der Energieversorger trug erheblich dazu bei, mögliche Sorgen in Jülich zu minimieren. „Wir sind Partner in vielen Verbünden und Kooperationen und würden auch helfen, wenn eines der anderen Versorgungsunternehmen ein Problem hätte“, erläutert Ulf Kamburg. „Hier steht man einfach füreinander ein.“
Prüfen, prüfen, prüfen
Alle Strom‑, Wasser- und Gas-Leitungen im Bereich der Rur müssen nun auf Dichtigkeit und Beschädigungen untersucht werden. „Das ist schon eine Mammutaufgabe“, erläutern die technischen Fachexperten der SWJ. Denn das Grundwasser war extrem hoch, daher können auch kurz- und mittelfristig noch weitere Schäden auftreten, wenn sich das Wasser zu schnell zurückzieht
Bei der Beseitigung der Schäden an den Straßen entlang der Rur bis zum Schulzentrum ist zu berücksichtigen, dass eine parallele Reparatur an der Rurbrücke zu extremen Behinderungen des Straßenverkehrs führen würde.
Für die SWJ liegen die Prioritäten bei den Prüfungen der rurnahen Leitungen und Anlagen und dem Bäder-Zustand. Außerdem bei den Trocknungsarbeiten der Versorgungseinrichtungen, die unter Wasser standen. Nach diesen Prüfungen wird entschieden, ob ein kurzfristiger Ersatz erforderlich ist.
Zukünftig: Investitionen in noch mehr Sicherheit
Zukünftig soll das Umspannwerk der SWJ mit einer Pumpe ausgestattet werden, die automatisch bei einer bestimmten Wasserhöhe anspringt. Auch werden die Brunnen eine eigene, feste Notstromversorgung bekommen. Durch einen Anschluss an das derzeit im Bau befindliche Umspannwerk auf der Merscher Höhe wird die SWJ die Sicherheit zusätzlich erhöhen können.
„Nach dem Kenntnisstand von heute werden wir unsere zukünftigen Investitionen planen und unsere Betriebsmittel und Anlagen noch sicherer aufstellen“, erklärt Ulf Kamburg. Er rechnet mit großen Investitionen, die durch Folge- und durch Langfristschäden erstehen werden. „Wir haben die Versorgung aufrecht gehalten und werden alles dafür tun, die Versorgungssicherheit zukünftig noch zu verbessern. Dazu ist es aber auch erforderlich, dass die Energiewirtschaftspolitik und Regulierung der Branche einen verlässlichen Rahmen dafür gibt und dass diesbezügliche Kosten anerkannt werden.“
Notfall-Rufnummer und Notfall-Mail
Bei den Stadtwerken rechnet man damit, dass die erheblichen Beschädigungen im rurnahen Bereich verstärkt zu Notfällen führen werden. „Wir sind wachsam und rechnen mit einem deutlichen Anstieg von Störfällen“, schätzt Uwe Macharey. „Wir sind unter der Notfall-Rufnummer 02461 / 625–110 rund um die Uhr erreichbar.“ Falls Bürger einzelne Unterspülungen oder freigelegte Leitungen sehen, wäre es auch hilfreich, eine E‑Mail mit Foto und Ortsangabe an hochwasser@stadtwerke-juelich.de zu senden.