Jülich. Zum 1. Januar wird die Stadtwerke Jülich GmbH (SWJ) ihre Preise für Strom und Gas sowohl in der Grundversorgung als auch in den Sonderprodukten erhöhen. „Die aktuelle Lage auf dem Energiemarkt ist eine extreme Ausnahmesituation, die wir alle so noch nicht erlebt haben. Die Marktpreise für beides befinden sich immer noch auf einem sehr hohen Niveau – auch wenn sie zuletzt gefallen sind. Zudem gibt es eine Steigerung bei den weiteren Preisbestandteilen, wie zum Beispiel den von der Bundesnetzagentur regulierten Netznutzungsentgelten. Deshalb sind wir zu einer Preisanpassung gezwungen. Wir erhöhen aber moderat und in kleinen Schritten, um unsere Kunden nicht mit einer einmaligen, sehr großen Preisanpassung zu überfordern“, erläutert SWJ-Vertriebs- und Marketingleiter Ivan Ardines. Im laufenden Jahr hat der Energie-Dienstleister vier Mal die Preise in kleineren Schritten angepasst.
Für die aktuelle Erhöhung bedeutet es konkret, dass bei Strom die Steigerungen aller Preisbestandteile zu einer Erhöhung von 6,00 Cent/Kilowattstunde (kWh) im Arbeitspreis und 4,43 Euro/Monat im Servicepreis führen. Für einen durchschnittlichen Haushalt mit einem Verbrauch von 2.500 kWh ergibt sich durch die Preisanpassung eine Mehrbelastung von 16,93 Euro im Monat.
Bei Gas erhöht sich der Arbeitspreis um 0,77 Cent/kWh und der Servicepreis um 2,69 Euro/Monat. Das heißt, dass ein durchschnittlicher Haushalt mit einem Verbrauch von 7.000 kWh durch die Preisanpassung eine Mehrbelastung von 7,18 Euro im Monat hat. Bei einem Verbrauch von 17.000 kWh sind es monatlich 13,60 Euro mehr.
„Aus unserer Sicht ist die Anpassung, gemessen am Markt, noch moderat. Die neuen SWJ-Preise sind auch im regionalen Vergleich absolut konkurrenzfähig“, erläutert Ivan Ardines.
Die SWJ wird auch in 2023 an der bisherigen Vorgehensweise festhalten. Sie wird sich die Marktpreise und Entwicklungen (insbesondere die Kundenbewegungen) regelmäßig ansehen, sie bewerten und bei Bedarf nachsteuern.
„Das macht die Preisentwicklung für unsere Kunden transparent und leicht nachvollziehbar“, so der Vertriebsleiter. Er hofft, dass im neuen Jahr die Preise (in Idealfall) für einige Monate stabil bleiben werden.
Soforthilfegesetz (Entlastungsbetrag und Preisdeckel) und die Tücken
Die vom Gesetzgeber geplanten und teilweise auch schon beschlossenen Entlastungen wird die SWJ an ihre Kunden weitergeben. Allerdings gibt es für manche Entscheidungen nur ein sehr kleines Zeitfenster zur Umsetzung.
„Schon bei der geplanten Gasbeschaffungsumlage im Herbst mussten wir uns zunächst überschlagen, um sie umzusetzen. Wir hatten unsere Kunden zu informieren und die Änderungen in den Abschlägen zu programmieren, um dann am Ende die Umlage sogar wieder zurückzunehmen, bevor sie tatsächlich in Kraft getreten war“, berichtet Ivan Ardines von dem Gesetzes-Wirrwarr.
Soforthilfegesetz – Erste Stufe
Mit der ersten Stufe des Soforthilfegesetzes sollen die Gas- und Wärmekunden entlastet werden, indem kein Abschlag für Dezember 2022 erhoben wird. Die SWJ wird dazu den Gas- oder Wärmeabschlag bei den Lastschriftkunden nicht abbuchen. Kunden, die einen Dauerauftrag haben und ihn nicht ändern, wird die Dezember-Zahlung bei der bevorstehenden Jahresverbrauchsabrechnung angerechnet.
Die übrigen SWJ-Abschläge für Strom und Wasser bleiben in der bekannten Höhe bestehen.
„Preisdeckel“ – Zweite Stufe
In der zweiten Stufe soll dann der sogenannte „Preisdeckel“ zum Einsatz kommen. Auch hier sind die gesetzlichen Rahmenbedingungen noch nicht final geklärt. Die Rede ist von einer anteiligen Menge (80 Prozent des Vorjahres), die zu einem gedeckelten Preis (voraussichtlich 12,00 Cent beim Gas) abgerechnet werden soll. Die darüber liegende Verbrauchsmenge soll dann zum regulären Preis gemäß Vertrag berechnet werden.
Die SWJ ist gesetzlich verpflichtet, ihre Kunden sechs Wochen vor einer Preisanpassung zu informieren. Um diese Frist zu wahren, konnten die Informationen zur zweiten Stufe nicht in dieser Ankündigung berücksichtigt werden, da der Gesetzgeber sie zu kurzfristig beschlossen hat. Die Senkung der Mehrwertsteuer bei Gas- und Wärmekunden gibt die SWJ selbstverständlich an ihre Kunden weiter. Auch wird das Unternehmen in der bevorstehenden Jahresverbrauchsabrechnung die gesamte Gas- oder Wärmemenge zum reduzierten Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent abrechnen.
Nicht genügend Zeit für Anpassung
„Der Gesetzgeber scheint völlig zu ignorieren, dass wir nicht genügend Zeit erhalten haben, um Systeme und Prozesse anzupassen, geschweige denn, unsere Kunden angemessen zu informieren. Die Vorgehensweise, zu der wir nun förmlich gezwungen werden, entspricht nicht den Qualitäts-Ansprüchen der SWJ. Dies zieht sich leider bis zu den verspätet beantworteten Anfragen unserer Kunden im Service durch – trotz des großen Engagements unserer Mitarbeiter“, erzählt der SWJ-Vertriebs- und Marketingleiter.
Fragen über Fragen
Das SWJ-Kundenzentrum wird derzeit mit Fragen nach der Abwicklung des Soforthilfegesetzes und der Preisbremse überhäuft. Fragen, die teilweise von der Politik noch nicht beantwortet sind. Das Fehlen dieser konkreten Antworten wird den Mitarbeitern des Jülicher Kundendienstes angelastet. „Da lässt uns die Politik das ausbaden, was sie nicht sauber durchdacht haben“, macht Ivan Ardines seinem Unmut Luft. „Diese Gesetze sind dermaßen amateurhaft gestaltet, dass ‚mit der heißen Nadel gestrickt‘ noch höflich ausgedrückt ist“, ist Ivan Ardines frustriert. „Unsere Kunden haben Existenzängste und das können wir gut verstehen.“