Jülich. Der Energiemarkt hat in den letzten Wochen und Monaten nur eine Richtung gesehen: nach oben. Sowohl Strom- als auch Gaspreise sind auf ein bisher kaum vorstellbares Hoch geklettert, Insolvenzen sowie Liefereinstellungen bei Gas- und Strom-Billiganbietern treffen Tausende von Kunden, die nun von den Grundversorgern aufgefangen werden müssen. Gleichzeitig sind Energiemengen nur bedingt und teilweise gar nicht am Markt verfügbar.
Bisher schon 39 Pleiten von Versorgern
„Die aktuelle Situation ist extrem schwierig“, erläutert Ivan Ardines, Leiter Vertrieb und Marketing der Stadtwerke Jülich GmbH (SWJ). Denn mittlerweile haben 39 Energieversorger der Bundesnetzagentur mitgeteilt, dass sie ihre Strom- und Gasbelieferungen einstellen – und allgemein werden weitere Pleiten erwartet. In den vergangenen fünf Jahren waren es insgesamt 97 Versorger, die aufgaben.
500 Kunden der Billiganbieter mussten ad hoc versorgt werden
Die kurzfristigen Liefereinstellungen von gas.de am 2. Dezember und Stromio seit dem 22. Dezember aus dem Kreis der Billiganbieter treffen die Stadtwerke Jülich stark. Denn über Nacht mussten 300 Gas- und 200 Stromkunden ad hoc in die Belieferung aufgenommen und die betroffenen Kunden mit Energie versorgt werden. „Hier zeigt sich wieder einmal ganz deutlich, dass wir von der SWJ Verantwortung für Jülich und die Bürger dieser Stadt übernehmen – im Gegensatz zu den Billiganbietern“, macht Ivan Ardines deutlich. „Aber das hat seinen Preis. Denn für diese Kunden mussten wir sofort die erforderlichen Mengen am Markt ordern. Und das zu den aktuellen, extrem hohen Marktpreisen.“ Sowohl bei Strom als auch bei Gas haben sich die Handelspreise in den letzten sechs Monaten vervierfacht.
Separate Grundversorgungspreise für Neukunden?
Manche Stadtwerke haben sogar mehrere unterschiedliche Preise für die Grundversorgung eingeführt. „Bisher haben wir von dieser Maßnahme abgesehen. Allerdings können wir sie in diesen turbulenten Zeiten auch nicht ausschließen“, betont der Vertriebs- und Marketingleiter.
Diese separaten Grundversorgungspreise sind deutlich teurer und werden von Verbraucherschützern sehr kritisch gesehen, denn sie konterkarieren den Sinn der Grundversorgung. „Das bedeutet, dass zu den Turbulenzen am Markt auch noch die juristische Unsicherheit hinzukommt, ob eine separate Grundversorgung überhaupt zulässig ist“, zeigt Ivan Ardines die Problematik auf.
Preisanpassung in der Grundversorgung zum 1. März
Auch die SWJ ist zu einer Preisanpassung gezwungen und wird ihre Arbeitspreise in der Strom- und Gas-Grundversorgung erhöhen. Die Servicepreise bleiben stabil.
Bei Strom erhöht sich der Arbeitspreis von 33,15 Cent/Kilowattstunde (kWh) auf 36,95 Cent/kWh. Für einen Vier-Personen-Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 2.700 kWh bedeutet dies Mehrkosten von 8,55 Euro im Monat.
Bei Gas erhöht sich der Arbeitspreis bei einem Verbrauch bis 2.500 kWh/Jahr von 9,53 Cent/kWh auf 13,19 Cent/kWh und bei einem Verbrauch ab 2.501 kWh/Jahr von 9,29 Cent/kWh auf 12,95 Cent/kWh. Ein Vier-Personen-Haushalt hat etwa einen Jahresverbrauch von 8.000 kWh. Für ihn bedeutet dies Mehrkosten von 24,40 Euro im Monat.
Seriöse und vorausschauende Einkaufspolitik der SWJ
Die SWJ ist für ihre vorausschauende und seriöse Einkaufspolitik bei Strom und Gas bekannt. Diese macht es möglich, auf Insolvenzen der Mitbewerber flexibel zu reagieren und alle Jülicher Bürger verlässlich mit Energie zu versorgen. „Bei uns gibt es keine kurzfristigen Dumping-Angebote oder Prämien-Lockfallen, auf die in der Vergangenheit leider viele Kunden hereingefallen sind. Es wird sie auch in Zukunft nicht geben“, verspricht der Vertriebs- und Marketingleiter. Umfangreich engagiert sich die SWJ für den Lebensraum Jülich und seine Bürger.
Etwas, was Billiganbieter nicht tun und nicht getan haben. „Das Geld der Jülicher an diese Unternehmen ist nun weg und hat nicht zu einer Verbesserung der Stadt und des Raumes beigetragen. Das ist nicht nachhaltig“, weist Ivan Ardines auf die reine Gewinnbetrachtung dieser Energielieferanten hin. „Wo waren diese Unternehmen zum Beispiel bei der Flut im Sommer oder jetzt, wo andere Versorger der Reihe nach Konkurs anmelden“, fragt er. „Es kann doch nicht angehen, dass Billiganbieter Geschäftemacherei auf Kosten der Kunden betreiben und das ökonomische Risiko auf uns Grundversorger abwälzen“, macht er klar.
Zeiträume für Preisanpassungen werden kürzer
Nach Einschätzung der SWJ werden sich die Kunden auf kürzere Zeiträume bei Preisveränderungen einstellen müssen. „Die Zeiten der Preisstabilität sind – zumindest vorübergehend – vorbei. Jetzt gilt es in Monaten zu denken, nicht mehr in Jahren“, bedauert Ivan Ardines.